Was Hunde sehen

Hundeauge

„Ich sehe anders, als du siehst“ – das würden Hunde uns wohl über ihr Sehvermögen sagen, könnten sie sprechen. Wie sehen Hunde ihre Umwelt? Können Hunde im Dunkeln gut sehen? Sehen sie ihre Umgebung in Farbe? Ist ihre Sehfähigkeit der menschlichen überlegen? Wir haben uns auf die Suche nach Antworten begeben.

Um zu verstehen, was Hunde sehen, zunächst ein kurzer Exkurs über den allgemeinen Aufbau eines Auges.

Aufbau des Auges:

Hunde- und Menschenauge unterscheiden sich oberflächlich betrachtet nicht. Beide bestehen aus den gleichen Bausteinen wie Hornhaut, Linse, Netzhaut und Sehnerv. Hornhaut und Linse fungieren ähnlich wie bei einer Kamera und lassen auf der Netzhaut ein Bild entstehen. Dieses wird über die Ganglienzellen des Sehnervs an das Gehirn weitergeleitet. Dort wird das Bild wahrgenommen.

Die Netzhaut:

Würde ein Mensch durch die Augen eines Hundes schauen, würde er jedoch feststellen, dass dieser seine Umgebung anders sieht. Dies hängt mit dem etwas anderen Aufbau der Netzhaut zusammen. Die Anzahl der jeweiligen lichtempfindlichen Zellen, Stäbchen und Zapfen, ist bei Mensch und Hund unterschiedlich. Hunde haben deutlich mehr Stäbchen, und Menschen haben eine größere Anzahl von Zapfen. Während die Stäbchen bei schwachem Licht aktiv sind und Bewegungen erkennen lassen, arbeiten die Zapfen bei stärkerem Licht und verarbeiten Farben und Details unserer Umgebung.

Ganglienzellen:

„Hunde haben viel weniger Ganglienzellen als Menschen (etwa 170.000 bei Hunden und 1.200.000 bei Menschen) und können daher weniger Informationen ans Gehirn weiterleiten. In Verbindung mit der geringeren Anzahl an Zapfen … ist das wie ein digitales Bild mit geringerer Auflösung, das an das Gehirn weitergeleitet wird – ein Bild, bei dem man die groben Pixel sehen kann, wenn man es streckt. Ja, man kann erkennen, was es ist, aber es hat nicht die Detailgenauigkeit eines Bildes mit höherer Auflösung.“ (Zitat aus hundebrille.de).

Licht und Bewegung:

Das Hundeauge ist auf Licht und Bewegung spezialisiert, während das Erkennen von Farben eine untergeordnete Rolle spielt. Das Sehvermögen ist perfekt auf Fähigkeiten wie jagen und schnelle Bewegungserkennung abgestimmt. „Hundeaugen können Bewegungen in der Ferne sehr gut erkennen, haben aber Schwierigkeiten, unbewegliche Objekte in der gleichen Entfernung zu erkennen. Sie können ein sich bewegendes Objekt bis zu 900 Meter weit erkennen, aber nur 585 Meter weit, wenn das Objekt stillsteht.“ (Zitat aus hundebrille.de).

Durch die höhere Anzahl von Zapfen können Menschen auch bei schwachem Licht mehr Details unbeweglicher Objekte und insgesamt mehr Farben erkennen als Hunde. Im Wahrnehmen von Bewegung ist uns aber das Hundeauge weit überlegen.

Sehschärfe:

Die Sehschärfe von Hunden liegt bei 20/75 im Vergleich zum Menschen; das bedeutet: „Wenn es um Details geht, müssen die meisten Hunderassen bis zu 20 Meter von einem Objekt entfernt sein, um es in der gleichen Detailgenauigkeit zu sehen wie der Mensch in 75 Metern Entfernung.“ (Zitat aus hundebrille.de). Dazu kommt, dass die Anpassung der Augenlinse (Akkomodation) bei Hunden schlechter funktioniert als bei Menschen. Hunde sehen insgesamt eher unscharf. Deshalb erkennen sie oft ein direkt vor ihnen liegendes Spielzeug ohne den Einsatz des Geruchssinns nicht sofort. Im Vergleich zum Menschen sind Hunde eher kurzsichtig.

Sichtfeld:

Hunde nehmen die Welt aus einer anderen Perspektive als Menschen wahr, schon deshalb, weil sie kleiner sind und sich ihre Augen dadurch auf einer anderen Höhe befinden. Hunde haben außerdem ein größeres Sichtfeld als Menschen. Es kann je nach Kopfform von 240 bis 290 Grad umfassen, im Gegensatz dazu sind es bei Menschen nur 180 Grad. Das größere Sichtfeld ergibt sich aus der Lage der Hundeaugen, die sich eher seitlich am Kopf befinden. Trotzdem ist ihr 3-D-Sehen geringer als beim Menschen. Hunde haben durch die Position ihrer Augen eine engere binokulare Zone. Unter binokularem Sehen versteht man den gemeinsamen Gebrauch beider Augen beim Sehen. Die räumliche Wahrnehmung ist deutlicher, wenn zwei Augen, wie bei uns Menschen, näher beieinander liegen, weil das Gehirn die Bilder beider Augen dann leichter zu einem Gesamtbild zusammenfügen kann. Hunde sehen also nach rechts und links durch die Lage ihrer Augen prinzipiell mehr von ihrer Umgebung als Menschen, aber dafür undeutlicher. Windhunde jagen allerdings vorrangig mit den Augen, sind also echte Sichtjäger. Ihr Sichtfeld beträgt nicht wie bei anderen Hunden 240 Grad, sondern 290 Grad. Das liegt an der Kopfform und damit an der Position der Augen.

Sehen im Dunklen:

Für das Sehen im Dunkeln bringen Hunde (und viele andere Wirbeltiere) einen Trumpf ins Spiel, der uns Menschen fehlt: Das Tapetum lucidum („leuchtender Teppich“). Das ist eine reflektierende Schicht hinter der Netzhaut. Einfallendes Licht wird ins Auge zurück reflektiert, erhöht dadurch die für das Sehen verfügbare Lichtmenge und verdoppelt die Sehfähigkeit im Dunkeln. Deshalb leuchten Hundeaugen, wenn sie im Dunkeln angestrahlt werden. „Mit besserer Sicht erscheint Vertrautes mitunter bedrohlich und Hunde reagieren womöglich ungewohnt aggressiv oder ängstlich. So kann ein üblicherweise souveräner Hund beim Gassigehen in Dämmerung und Dunkelheit verunsichert werden und ihm kurios erscheinende Schatten von beispielsweise Mülltonnen, Büschen oder entgegenkommenden Passanten anbellen oder anknurren.“ (Zitat aus uelzener.de/magazin/hund/tipps-fuer-den-alltag/koennen-hunde-im-dunkeln-sehen). Hunde besitzen außerdem Pupillen, die sich sehr stark erweitern können, um sich an schwache Lichtverhältnisse anzupassen. Auch dies unterstützt eine bessere Sehfähigkeit im Dunkeln, da mehr Licht einfallen kann als beim Menschen.

Farbsehen:

Hunde besitzen im Gegensatz zu uns Menschen nur zwei Arten von Zapfen, mit denen sie nur die Farben Blau, Gelb und Grautöne sehen können. Grünliche Farbtöne können sie nicht sehen, Rot wird vermutlich zu Gelb. Man geht davon aus, dass das Sehvermögen von Hunden dem eines Menschen mit Rot-Grün-Blindheit ähnelt. Das menschliche Auge kann durch das Vorhandensein von drei Zapfenarten, die die Wellenlängen von rotem, grünem und blauem Licht absorbieren, das gesamte Farblichtspektrum erfassen. Ein rotes Spielzeug auf einer grünen Wiese kann ein Hund eher mit der Nase finden, ein blaues Spielzeug könnte er auch sehen.

Fernseh-Schauen:

Auch wenn manche Hunde fasziniert und aufgeregt auf den Bildschirm schauen, verfolgen sie das Geschehen nicht wie wir Menschen. Sie nehmen vor allem Geräusche und Bewegung wahr und reagieren darauf.

Sehstörungen:

Gerade im Alter, aber auch nach bestimmten Erkrankungen, kann die Sehkraft des Hundes nachlassen. Läuft der Hund vermehrt in bekannter Umgebung gegen umgestellte Gegenstände oder zeigen sich Unsicherheiten im bekannten Gelände oder in der Dunkelheit, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden, um Tumore oder andere ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.

Nachlassende Sehkraft oder Erblindung:

Hunde, die nicht mehr gut sehen können oder erblindet sind, orientieren sich in der Umwelt vornehmlich durch riechen, hören und auch durch tasten. In der Regel gelingt ihnen dies erstaunlich gut. Trotzdem benötigen sie unsere Hilfe, in dem wir z. B. auf Veränderungen im Haus und Garten durch Umstellen von Gegenständen verzichten und mögliche Hindernisse aus dem Weg räumen. Bekannte Spazierwege geben Sicherheit und sollten vorrangig genutzt werden. Auf unbekannten Wegstrecken sollte ein im Sehen eingeschränkter Hund immer angeleint sein. Auch der Kontakt zu unbekannten Artgenossen sollte nur kontrolliert stattfinden.

Fazit:

Auch wenn Hunde im Vergleich zu Menschen etwa 60-80% schlechter sehen, sind die Fähigkeiten des Hundeauges perfekt an die Anforderungen ihrer Spezies angepasst. Hunde sind – wie ihre Vorfahren, die Wölfe – Jäger. Bei der effizienten Jagd nach Beutetieren haben feinste Bewegungswahrnehmung, auch wenn sie an der Grenze der visuellen Wahrnehmung liegt, ein breites Sichtfeld und gute Sicht bei schwachen Lichtverhältnissen eine wesentlich größere Bedeutung als das Farbensehen und die detaillierte Sehschärfe. In der Dämmerung und in der Dunkelheit sind Hunde uns Menschen, was die Sehfähigkeit betrifft, um Längen voraus. Hunde verlassen sich ansonsten bei der Jagd eher auf ihren fein ausgeprägten Geruchssinn.

Zum Schluss noch eine interessante Anmerkung zum Hundeauge: Im Unterschied zu Wölfen beherrschen Hunde den sogenannten „Dackelblick“. Ein zusätzlicher Muskel oberhalb des Auges sorgt dafür, dass sie die Augenbraue so hochziehen können, dass ein Mitleid erregender Blick entsteht. Die Augen wirken groß, dieses „Kindchen-Schema“ assoziiert bei uns Menschen Hilflosigkeit und berührt uns. Hunde, die diesen Blick beherrschen, werden laut einer Studie der University of Portsmouth z.B. in Tierheimen schneller vermittelt. Man ist der Meinung, dass sich dieser Muskel im Laufe der Evolution entwickelt hat, weil er für Hunde im Zusammenleben mit Menschen nützlich ist.

Und ganz ehrlich: Wer kann diesem Blick schon widerstehen?


Quellen und Links:

https://latrinita.ch/de/wie-hunde-die-welt-aus-der-perspektive-des-hundes-sehen/

https://www.mein-haustier.de/magazin/wie-sehen-hunde/

https://www.hundebrille.eu/blog/wie-sehen-hunde

https://uelzener.de/magazin/hund/tipps-fuer-den-alltag/koennen-hunde-im-dunkeln-sehen/

https://www.wirliebenhunter.de/magazin/artikel/wie-sehen-hunde/

https://boons.pet/de/boons-deutsch/gesundheitstipps/wie-hunde-sehen/

https://hund-als-haustier.de/wie-sehen-hunde/

https://teamschule.blog/2023/05/12/so-sieht-dein-hund-die-welt/

Foto: privat


13 April 2025