Angsthunde
Viele Hunde zeigen in bestimmten Situationen ein ängstliches Verhalten, z.B. beim Tierarzt oder während der Silvesterknallerei. Diese Angst verschwindet jedoch, wenn der Auslöser nicht mehr vorhanden ist. Im Gegensatz dazu sind Angsthunde immer in Alarmbereitschaft. Für sie lauern überall Gefahren und Stressfaktoren. Um diese Hunde geht es im folgenden Beitrag. Wir wollen einige Aspekte dieses komplexen Themas beleuchten: Was ist Angst? Wie kann extreme Angst bei Hunden entstehen? Wie kann sie sich äußern? Wie können wir helfen?
Angst ist eine sinnvolle Schutzreaktion des Körpers auf eine als gefährlich empfundene Situation. Löst etwas in uns Angst aus, sendet das Gehirn unterschiedliche Signale an den Körper, z.B. um ihn zur Flucht bereit zu machen, ihn erstarren zu lassen oder um sich zu verteidigen. Nichts Anderes geschieht bei unseren Hunden. Angsthunde jedoch haben ihre Angst generalisiert. Das bedeutet, sie reagieren nicht nur auf Angst auslösende Einzelsituationen, sondern das Angstverhalten hat sich auf zahlreiche weitere Situationen erweitert. Ein Angsthund kann z. B. die Angst vor der Silvesterböllerei mit einer bisher angstfreien Situation wie Treppensteigen verknüpfen, wenn beides gleichzeitig erfolgt. „Man spricht hier auch von einem fehlgeleiteten Lernprozess oder allgemein von Fehlverknüpfungen. So zieht die Angst immer weitere Kreise und beeinflusst den Alltag von Hund und Halter. Grundsätzlich kann ein Hund vor allem und jedem Angst haben, je nach Erfahrungen, die er damit gemacht hat oder auch schlicht aufgrund der fehlenden Erfahrung mit bestimmten Situationen oder Gegenständen.“ (Zitat: Koelle-zoo.de)
Es gibt unterschiedliche Faktoren, die eine Angststörung bei Hunden auslösen können. Sie reichen von fehlender bis schlechter Sozialisation im Welpenalter, grober Erziehung, reizarmer Haltung, genetischen Faktoren bis hin zu schlechten Erfahrungen und gesundheitlichen Problemen. Auch bei Vermittlungen über unseren Verein kommt es vor, dass Hunde sich anfänglich ängstlich verhalten. Die langjährige Erfahrung zeigt jedoch, dass manche Hunde zunächst zurückhaltend und vorsichtig sind, weil sie einige Umweltreize nicht kennen und noch kein Vertrauen aufbauen konnten. Nicht immer sind es Traumata durch grobe Behandlungen, die Ängste auslösen. Ein wenig Geduld, Zuwendung, Sicherheit und viel
positive Bestärkung fördern das Selbstvertrauen und helfen unseren Vermittlungshunden in der Regel, ihre Angst zu überwinden.
Übrigens können sich nicht nur Tierschutzhunde zum Angsthund entwickeln. Aus Berichten in Hundeforen geht hervor, dass auch Hunde vom Züchter im Laufe ihres Lebens tiefgreifende Angststörungen entwickeln können.
Unsere Hunde zeigen uns ihre Angst deutlich durch ihre Körpersprache. Eine geduckte oder erstarrte Körperhaltung, ängstlicher Gesichtsausdruck, eingeklemmte Rute, sich in Ecken, unter Betten oder Verschläge zurückziehen sind nur einige eindeutige Angstsignale. Auch Knurren gehört dazu, um eine sichere Individualdistanz zu wahren: „Komm‘ nicht näher!“ Dieses defensive Knurren ist vom offensiven Knurren mit gebleckten Zähnen zu unterscheiden, bei dem es aus Angst zu einem Beißvorfall kommen kann, weil dies aus Sicht des Hundes das letzte ihm verbliebene Mittel ist. Oft werden Angstreaktionen unter den sogenannten „4 Fs“ zusammengefasst, die grob aufzeigen, welche Verhaltensweisen ein Angsthund grundsätzlich zeigen kann:
- Flight (Flucht)
- Freeze (Erstarren)
- Fight (Kampf)
- Flirt/Fool around (Herumalbern)
Ein Angsthund benötigt die Hilfe des Besitzers, um ein entspanntes, stressfreies Leben führen zu können. Er muss dafür mit Hilfe seines Menschen Strategien und alternative Verhaltensweisen neu erlernen. Bei tiefgreifenden Angststörungen ist ein oft langwieriges individuelles, oft auch angeleitetes Training nötig, da die Angst auslösenden Faktoren bei jedem Hund andere sein können. Wir Menschen müssen in jedem Fall unser Verhalten an unseren Angsthund anpassen und uns auch bezüglich unserer eigenen Körpersprache zu kontrollieren lernen. Eine von oben über den Hundekopf gehaltene Hand kann z.B. für den Angsthund bedrohlich wirken. Auch sollte auf die direkte Konfrontation mit einem Angstauslöser verzichtet werden. Hunde verstehen nicht, dass sie keine Angst haben müssen, weil ihr Besitzer in diesem Moment ebenfalls angstfrei ist.
Ein Angsthund braucht ein vertrauensvolles, geduldiges, sicheres, zuverlässiges und entspanntes Umfeld mit einem hohen Maß an Liebe, Einfühlungsvermögen und einem in jeder Situation souveränen Besitzer. Weitere, ausführlichere Informationen und Hilfen in Bezug auf das umfangreiche Thema „Angsthund“ sind u. a. unter den folgenden Links zu finden.
Links und Quellen:
https://tierarzt-verhaltenstherapie-hofe.de/angsthund-umgang-und-training-im-alltag/
https://annebucher.com/blog/angsthund-was-du-tun-und-vermeiden-solltest
https://arche-noah-transilvania.de/wissenswertes-ueber-hunde/angsthund/
https://www.wirliebenhunter.de/magazin/artikel/angsthunde-das-kannst-du-tun/
Foto: privat