Qualzucht

Scottish Fold (Faltohrkatze)

Qualzucht ist eine vom Menschen verursachte Tragödie.Tiere erleiden ihr Leben lang Qualen, weil es manchen Menschen gefällt, Tiere optisch ohne Rücksicht auf deren Wohlergehen zu „designen“ und Zuchtverbände solche Tiere dann vermehren. Es geht dabei nicht nur um die Rassezucht von Hunden und Katzen: Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Kaninchen, Vögel, Reptilien und weitere Tiere sind ebenso betroffen.


Was bedeutet Qualzucht?

„Als Qualzucht bezeichnet man bei der Zucht von Tieren die Duldung oder Förderung von Merkmalen, die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen für die Tiere verbunden sind.“ (Wikipedia, Artikel „Qualzucht“) Tiere aus Qualzuchten und deren Nachkommen sind dazu verurteilt, mit genetischen Schäden zu leben, deren Auswirkungen schmerzhaft, leidvoll und oft lebensbedrohlich sein können. Hier einige wenige exemplarische Beispiele:

Hunde:

angezüchteter verkürzter, runder Schädel (Kindchenschema): führt durch Verengung der Atemwege zu Atemnot (Brachyzephales Syndrom), durch Verengung der Gehörgänge später zu Gehörverlust, durch entsprechend verkürztem Kiefer zu ungenügenden Gebissfunktionen, außerdem Vorfall der Augäpfel möglich (Mops, Französische Bulldogge, etc.);

angezüchteter abfallender Rücken: führt zu Hüftgelenksdysplasie, weil Oberschenkelkopf und Hüftpfanne nicht zueinander passen und damit lebenslang zu Schmerzen, schließlich zu Bewegungsunfähigkeit

(Deutscher Schäferhund),

angezüchteter langer Rücken und kurze Beine: führt zu schmerzhaften Bandscheibenvorfällen (Dackel);

angezüchteter gegenläufiger Fellstrich: kann zu Veränderungen an der Wirbelsäule führen („Offener Rücken“), Haut- und Rückenmark werden embryonal nur unvollkommen getrennt (Rhodesian Ridgeback);

angezüchteter Merle-Faktor: Bestimmte Farbvarianten führen besonders beim Nachwuchs zu schweren Gesundheitsproblemen wie Taubheit, Blindheit, Knochenverformungen (Australian Shepherd, Sheltie, etc.).

Katzen:

angezüchtete Haarlosigkeit: führt zu erhöhter Empfindlichkeit, da der Fellschutz fehlt, permanente Produktion von Wärme durch erhöhte Stoffwechselprozesse (Nahrungsaufnahme) nötig, oft fehlende Tasthaare führen zu Orientierungslosigkeit (Sphinx-Katze);

angezüchteter kurzer Schädel: führt zu schweren Atemproblemen, permanentem Augenausfluss, Bindehautentzündungen, erhöhtem Taubheitsrisiko, Einschränkungen in der Kommunikation mit Artgenossen (Perserkatze)

angezüchtetes weißes Fell: führt zu Hörproblemen (genetisch bedingt), Anfälligkeit für Hauttumore, Netzhautveränderungen durch blaue oder verschiedenfarbige Augen (Türkisch Angora, etc.);

angezüchtete Anomalie der Ohren (Kippohren oder Faltohren): Genmutation zerstört den Knorpel der Ohrmuschel, führt zu starken Schmerzen und Deformation im Skelettsystem, nicht heilbar (Scottish Fold, etc.);

angezüchtete Kurzschwänzigkeit oder Schwanzlosigkeit: führt zu Arthritis und Lähmungen im Beckenbereich, Nervenschäden, Schwanz fehlt zum Ausbalancieren und als Kommunikationsmittel (Manx-Katze, etc.).


Ist Qualzucht erlaubt?

Qualzucht von Wirbeltieren ist, abgesehen von einigen Ausnahmen für wissenschaftliche Zwecke, nach § 11b Tierschutzgesetz verboten. Sie kann die Voraussetzungen einer Straftat erfüllen. Auch dürfen Tiere mit Qualzuchtmerkmalen seit dem 1. Januar 2022 nicht mehr ausgestellt werden. (nach Wikipedia)

Trotzdem bleibt der „Run“ auf solche Tiere erhalten, die Nachfrage bestimmt den illegalen Markt. Reinrassige Tiere aus Qualzuchten sind „in“. Was auf manche Halter und Halterinnen „niedlich und putzig“ wirkt, bedeutet für die betroffenen Tiere endloses Leid. In vielen Fällen muss wiederholt operiert werden, um Schmerzen zu lindern, die Atmung zu erleichtern oder das Hörvermögen zu verbessern. Viele dieser Leiden nehmen wir mittlerweile als „rassetypisch“ hin, und doch gab es sie in früheren Jahren nicht. Sie sind angezüchtet worden, nur um optisch den menschlichen Vorlieben zu genügen.

Unser Verein vermittelt in der Regel Mischlinge, bei denen die genetischen Faktoren, die reinrassige Zuchten betreffen, nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Wir helfen jedoch betroffenen Tieren aus Qualzuchten, die gelegentlich in die Obhut unserer Partnertierheime kommen, soweit wie möglich durch lebensnotwendige Eingriffe im Vorfeld einer Vermittlung. Diese Tiere kommen meistens völlig vernachlässigt in unseren Partnertierheimen an. Vor einiger Zeit mussten bei einem Hund beide Gehörgänge operativ erweitert werden, weil sich immer wieder schmerzhafte Entzündungen und Blutergüsse im genetisch verengten Gehörgang gebildet hatten. Auch musste ein Nickhautvorfall am Auge (Cherry eye) operiert werden. Besonders Operationen an eingeengten Atem- und Gehörgängen sind äußerst belastend für die Tiere, verursachen hohe Kosten, verhelfen aber letztendlich zu einem weniger leidvollen Leben.

Dem Deutschen Tierschutzbund ist die zurzeit geltende rechtliche Definition zum Thema „Qualzucht“ nicht eindeutig genug formuliert. Der Verband hat daher einen eigenen „Entwurf für eine Qualzuchtverordnung“ entwickelt und fordert ein endlich härteres Durchgreifen der Kontrollbehörden (siehe Link).

Recht aktuell erschienen und absolut lesenswert in diesem Zusammenhang ist das Buch „Geschundene Gefährten – Über Irrwege in der Rassezucht und unsere Verantwortung für Hund und Katze“ von Achim Gruber. Prof. Dr. Gruber ist Direktor des Instituts für Tierpathologie an der Freien Universität Berlin. Trotz der Traurigkeit des Themas ist es ein unterhaltsam und informativ geschriebenes Buch für jedermann, das auch Auswege aufzeigt. Eine Rezension mit eindeutiger Leseempfehlung findet man hier: https://hunde-stories.de/geschundene-gefaehrten/

Wir wollen mit unserem Beitrag für das Thema „Qualzucht“ sensibilisieren und unsere Leserinnen und Leser zum Nachdenken anregen. Außerdem schließen wir uns den Forderungen des Deutschen Tierschutzbundes an. Der Deutsche Tierschutzbund verfolgt das Ziel, die Gesetzgebung derart zu verschärfen, dass der bisherigen Rassezucht von Tieren, die „zum Leiden geboren werden“, endlich ein Ende gesetzt wird.


Benutzte Quellen und Links zum Thema „Qualzucht“:

https://www.tierschutzbund.de/tiere-themen/haustiere/qualzucht

https://www.peta.de/themen/qualzucht-haustiere/?campaign=grants_tmb&gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMI6rio3tGbhAMVzqloCR0xFwcKEAAYASAAEgLSLPD_BwE

https://www.veto-tierschutz.de/magazin/katzen-ratgeber/qualzucht-katzen-rassen-merkmale/?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMIgrH3xNmbhAMV3jsGAB2tWA9FEAAYASAAEgK7ePD_BwE

https://de.wikipedia.org/wiki/Qualzucht#:~:text=Als%20Qualzucht%20bezeichnet%20man%20bei,werden%20auch%20als%20Qualz%C3%BCchtungen%20bezeichnet.

Bildquelle “Faltohrkatze”:

Nickolas Titkov from Moscow, Russian Federation (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SFS_Marmorensy_La_Toya_of_Demaris_(3104786773).jpg),

„SFS Marmorensy La Toya of Demaris 104786773)“,

https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

25 April 2024